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Ge­schie­de­ner Ehe­gat­te hat Recht zur Ak­ten­ein­sicht in amt­lich ver­wahr­tes, nach der Schei­dung vom Erb­las­ser neu er­rich­te­tes Tes­ta­ment

Recht zur Ak­ten­ein­sicht nach der Schei­dung vom Erb­las­ser in neu er­rich­te­tes Tes­ta­ment

Teasergrafik zum Beitrag im Blog für Erbrecht, Steuerrecht und Gesellschaftsrecht

Ge­schie­de­ner Ehe­gat­te hat Recht zur Ak­ten­ein­sicht in amt­lich ver­wahr­tes, nach der Schei­dung vom Erb­las­ser neu er­rich­te­tes Tes­ta­ment

Ehe­leu­te er­rich­ten häu­fig ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment. Doch was ge­schieht mit die­sem ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­ment im Falle einer Schei­dung? Gel­ten die ge­trof­fe­nen Ver­fü­gun­gen dann wei­ter­hin? Hier hilft eine ge­setz­li­che Re­ge­lung in § 2268 Abs. 1 BGB wei­ter, wo­nach ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment im Falle der Schei­dung grund­sätz­lich „sei­nem gan­zen In­halt nach“ un­wirk­sam wird. Ohne dass die ehe­ma­li­gen Ehe­leu­te tätig wer­den müs­sen, wird ihr ge­mein­sam er­rich­te­ter letz­ter Wille dem­nach un­wirk­sam.

Je­doch kann es von die­sem Grund­satz Aus­nah­men geben, wie der nach­fol­gen­de Be­schluss (OLG Schles­wig, Be­schluss vom 28. Mai 2018, Az. 3 Wx 66/18) zeigt. Die Ent­schei­dung be­ruh­te auf fol­gen­dem, ge­kürz­tem Sach­ver­halt.

Die An­trag­stel­le­rin er­rich­te­te 1975 zu­sam­men mit dem Erb­las­ser, ihrem da­ma­li­gen Ehe­mann, ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment, in dem sich die Ehe­gat­ten ge­gen­sei­tig zu al­lei­ni­gen Erben des Erst­ver­ster­ben­den ein­setz­ten. Schlus­s­er­ben soll­ten deren Ab­kömm­lin­ge sein. Das ge­mein­schaft­li­che Tes­ta­ment wurde in amt­li­che Ver­wah­rung ge­ge­ben. Die Ehe wurde 1991 rechts­wirk­sam ge­schie­den. Im Jahr 1994 er­rich­te­te der Erb­las­ser ein neues, no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tes Tes­ta­ment, in wel­chem er seine zwei­te Ehe­frau und er­satz­wei­se deren Söhne aus ers­ter Ehe zu Erben be­rief. Mit­hin ent­erb­te er seine erste Ehe­frau und die ge­mein­sa­men Ab­kömm­lin­ge. Beide Tes­ta­men­te wur­den nach dem Tod des Erb­las­sers er­öff­net, das ge­mein­schaft­li­che Tes­ta­ment wurde da­nach wie­der in amt­li­che Ver­wah­rung ge­nom­men. Hier­über wurde die An­trag­stel­le­rin un­ter­rich­tet. Dar­auf­hin be­gehr­te sie Ak­ten­ein­sicht in das neue Tes­ta­ment ihres ge­schie­de­nen Ehe­man­nes. Das Nach­lass­ge­richt über­sand­te je­doch nur die das ge­mein­schaft­li­che Tes­ta­ment be­tref­fen­de Er­öff­nungs­nie­der­schrift; das Ak­ten­ein­sichts­ge­such hin­sicht­lich des neuen Tes­ta­ments wies es mit der Be­grün­dung zu­rück, die An­trag­stel­le­rin sei weder Ver­fah­rens­be­tei­lig­te noch liege ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se der An­trag­stel­le­rin zur Ak­ten­ein­sicht vor.

Gegen die Ent­schei­dung des Nach­lass­ge­richts legte die An­trag­stel­le­rin Be­schwer­de ein, die vom OLG Schles­wig als An­trag auf eine ge­richt­li­che Ent­schei­dung gem. §§ 23 ff EGGVG aus­leg­te.

Das OLG Schles­wig kam zu dem Er­geb­nis, dass der An­trag der An­trag­stel­le­rin auf Ak­ten­ein­sicht be­grün­det ist und ihr somit die be­gehr­te Ak­ten­ein­sicht zu ge­wäh­ren ist.

Nach § 13 Abs. 1 FamFG haben die Be­tei­lig­ten eines Ver­fah­rens das Recht zur Ak­ten­ein­sicht, so­weit nicht schwer­wie­gen­de In­ter­es­sen eines Be­tei­lig­ten oder eines Drit­ten ent­ge­gen­ste­hen; gemäß § 13 Abs. 2 FamFG kann Drit­ten Ein­sicht ge­stat­tet wer­den, so­weit sie ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se glaub­haft ma­chen und schutz­wür­di­ge In­ter­es­sen eines Be­tei­lig­ten/Drit­ten nicht ent­ge­gen ste­hen. Der Senat kam zu dem Er­geb­nis, dass die An­trag­stel­le­rin ent­we­der als Ver­fah­rens­be­tei­lig­te an­zu­se­hen sein könne – dann er­ge­be sich das Ein­sichts­recht aus Abs. 1 – oder sie sei keine Ver­fah­rens­be­tei­lig­te – dann könne sie ihr Ein­sichts­recht auf Abs. 2 stüt­zen, brau­che aber ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se.

Die Rich­ter waren der Auf­fas­sung, dass die An­trag­stel­le­rin in­so­weit, als es die Ver­wah­rung des Tes­ta­ments ihres ge­schie­de­nen Erb­las­sers be­trifft, als nicht ver­fah­rens­be­tei­lig­te Drit­te an­ge­se­hen wer­den könne.

Das be­rech­tig­te In­ter­es­se der An­trag­stel­le­rin er­ge­be sich aus der Er­ben­stel­lung, derer sie sich auf­grund des 1975 er­rich­te­ten ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­ments be­rühmt. Zwar ent­hal­te § 2268 Abs. 1 BGB die ge­setz­li­che Aus­le­gungs­re­gel, wo­nach ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment mit der Schei­dung un­wirk­sam werde – zwin­gend sei diese Aus­le­gung je­doch nicht. Nach die­ser Norm ist ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment in den Fäl­len des § 2077 BGB, also bei Auf­lö­sung der Ehe, sei­nem gan­zen In­halt nach un­wirk­sam.

Aus­nahms­wei­se könne die Aus­le­gung je­doch er­ge­ben, dass die Ehe­gat­ten ihre letzt­wil­li­gen Ver­fü­gun­gen ins­ge­samt oder auch ein­zel­ne davon auch für den Fall des Schei­terns der Ehe ge­trof­fen hät­ten. Dann blei­be das ge­mein­schaft­li­che Tes­ta­ment in­so­weit wirk­sam. Auch wenn vor­lie­gend auf­grund der fa­mi­liä­ren Si­tua­ti­on sol­che Grün­de zu­nächst nicht er­sicht­lich seien, so sei hier doch zu be­rück­sich­ti­gen, dass vor­lie­gend noch kein Erb­scheins­ver­fah­ren an­hän­gig sei, in dem die An­trag­stel­le­rin sol­che vor­ge­nann­ten Grün­de hätte vor­tra­gen kön­nen. Das von der An­trag­stel­le­rin be­gehr­te Ak­ten­ein­sichts­ge­such diene ge­ra­de dazu, dass sie sich über In­halt und Wirk­sam­keit des Tes­ta­ments Klar­heit ver­schaf­fen könne, um dann ab­zu­wä­gen, ob sie einen Erb­scheins­an­trag stel­len solle oder nicht. Eben­falls könne ihr Ak­ten­ein­sichts­ge­such dazu füh­ren, sich Klar­heit dar­über zu ver­schaf­fen, ob sie einem der­zeit noch nicht ge­stell­ten Erb­scheins­an­trag eines Drit­ten, z.B. der zwei­ten Ehe­frau, ent­ge­gen­tre­ten wolle oder nicht.

Der Senat ver­pflich­te­te das Nach­lass­ge­richt somit zur Vor­nah­me der be­an­trag­ten Amts­hand­lung. Die An­trag­stel­le­rin er­hielt somit Ein­sicht in die Tes­ta­ments­ak­te und damit auch in das neue Tes­ta­ment ihres ge­schie­de­nen Ehe­man­nes.

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