E-Mail Fax Te­le­fon

Aus­le­gung eines Tes­ta­ments, das als Erben den­je­ni­gen be­stimmt, der den Erb­las­ser bis zu sei­nem Tod pflegt und be­treut – Nich­tig­keit eines Tes­ta­ments bei Un­be­stimmt­heit

Aus­le­gung eines Tes­ta­ments – Nich­tig­keit eines Tes­ta­ments bei Un­be­stimmt­heit

Grafiklink - Blogteaser zu Erbrecht, Gesellschaftsrecht oder Steuerrecht

Aus­le­gung eines Tes­ta­ments, das als Erben den­je­ni­gen be­stimmt, der den Erb­las­ser bis zu sei­nem Tod pflegt und be­treut – Nich­tig­keit eines Tes­ta­ments bei Un­be­stimmt­heit

Das OLG Mün­chen hat in sei­nem Be­schluss vom 25. Sep­tem­ber 2023 (Az.: 33 Wx 38/23e) ent­schie­den, dass ein Tes­ta­ment nich­tig ist, wenn der Wort­laut der Ver­fü­gung so un­be­stimmt ist, dass die Aus­le­gung er­geb­nis­los blei­ben muss. Es kann nur auf einen „Min­dest­be­deu­tungs­ge­halt“ der vom Erb­las­ser ver­wen­de­ten Be­grif­fe ab­ge­stellt wer­den, wenn fest­steht, dass der Erb­las­ser diese in eben jenem Sinne ver­wen­det hat. Die An­ga­be „[wer mich] pflegt und be­treut, soll mein gan­zes Ver­mö­gen be­kom­men“ reicht nicht.

Dem Be­schluss liegt fol­gen­der Sach­ver­halt zu­grun­de:

Die Erb­las­se­rin ver­starb 2021 kin­der­los und ver­wit­wet. Mit ihrem 1983 vor­ver­stor­be­nen Ehe­mann hatte sie einen no­ta­ri­el­len Erb­ver­trag er­rich­tet, in wel­chem sie sich für den ers­ten Erb­fall ge­gen­sei­tig zu Al­lein­er­ben ein­setz­ten und der für den zwei­tes Erb­fall dem über­le­ben­den Ehe­gat­ten das Recht zur voll­stän­di­gen Ab­än­de­rung ein­räum­te. 2011 er­rich­te­te die Erb­las­se­rin dar­auf­hin ein pri­vat­schrift­li­ches Tes­ta­ment mit fol­gen­dem In­halt: „Mein letz­ter Wille! Die Per­son, die mich bis zu mei­nem Tode pflegt und be­treut, soll mein ge­sam­tes Ver­mö­gen be­kom­men! Zur­zeit ist es: Frau … (Be­tei­lig­te zu 1), wohn­haft … Ich bin im Voll­be­sitz mei­ner geis­ti­gen Kräf­te. Un­ter­schrift“. Die Be­tei­lig­te zu 1 be­an­trag­te nach dem Tod der Erb­las­se­rin einen Erb­schein beim Nach­lass­ge­richt. Die­ses kün­dig­te die Er­tei­lung eines Erb­scheins an, setz­te die so­for­ti­ge Wirk­sam­keit aber aus. Nach­dem die Be­schwer­de­füh­re­rin Be­schwer­de ein­leg­te, der das Nach­lass­ge­richt mit Be­schluss nicht ab­half, legte es dem Senat die Akten vor.

Das Ober­lan­des­ge­richt hat auf die Be­schwer­de den Be­schluss auf­ge­ho­ben. Der Erb­scheins­an­trag der Be­tei­lig­ten zu 1 wurde zu­rück­ge­wie­sen.

An der Ur­he­ber­schaft der Erb­las­se­rin hin­sicht­lich des Tes­ta­ments be­stan­den keine Zwei­fel. Al­ler­dings ent­hal­te das Tes­ta­ment keine Er­bein­set­zung zu­guns­ten der Be­tei­lig­ten zu 1. Diese werde zwar na­ment­lich ge­nannt, aber die Na­mens­nen­nung er­folg­te nur bei­spiel­haft. Die Erb­las­se­rin habe nur die Vor­aus­set­zun­gen dar­ge­legt, die ein Erbe er­fül­len muss und fest­ge­hal­ten, dass die Be­tei­lig­ten zu 1 diese Vor­aus­set­zun­gen der­zeit er­füllt. Dies er­ge­be sich im Rah­men der Aus­le­gung. Bei der Tes­ta­ments­aus­le­gung gemäß § 133 BGB kommt es auf die Er­mitt­lung des wirk­li­chen Wil­lens des Erb­las­sers an, ohne am buch­stäb­li­chen Sinne des Aus­drucks zu haf­ten. Für die Ent­schei­dung, ob eine Per­son als Erbe ein­ge­setzt sei oder nicht, komme es we­sent­lich dar­auf an, wer nach dem Wil­len des Erb­las­sers den Nach­lass zu re­geln und die Nach­lass­schul­den zu til­gen hat, sowie dar­auf, ob der Be­dach­te un­mit­tel­bar Rech­te am Nach­lass er­wer­ben soll. Das Wort „zur­zeit“ im Tes­ta­ment mache schon deut­lich, dass die Erb­las­se­rin ihren Rechts­nach­fol­ger noch nicht end­gül­tig be­nen­nen woll­te. Im Zu­sam­men­spiel mit der An­ord­nung, der­je­ni­ge würde ihr Ver­mö­gen be­kom­men, der sie „pflegt und be­treut“, er­ge­be sich, dass die Be­tei­lig­te zu 1 le­dig­lich bei­spiel­haft er­wähnt wurde und nicht end­gül­tig als Erbin be­nannt wer­den soll­te. Damit kam der Senat zum Er­geb­nis, dass die Erb­las­se­rin kei­nen Rechts­nach­fol­ger be­nannt hat. Nach den von ihr ge­setz­ten Vor­aus­set­zun­gen, konn­te auch kei­ner er­mit­telt wer­den. Die Be­stim­mung einer Per­son, die eine Zu­wen­dung im Sinne einer Er­bein­set­zung auf Grund letzt­wil­li­ger Ver­fü­gung er­hal­ten soll, dürfe nicht einem an­de­ren über­las­sen wer­den. So heißt es in § 2065 Abs. 2 BGB: „Der Erb­las­ser kann die Be­stim­mung der Per­son, die eine Zu­wen­dung er­hal­ten soll, sowie die Be­stim­mung des Ge­gen­stands der Zu­wen­dung nicht einem an­de­ren über­las­sen“. So­fern der Wille des Tes­tie­ren­den durch Aus­le­gung er­mit­telt wer­den kann, liege al­ler­dings kein Fall der un­zu­läs­si­gen Be­stim­mung der Per­son des Be­dach­ten durch einen Drit­ten vor. Tes­ta­ments­aus­le­gung sei kein Fall des § 2065 Abs. 2 BGB. § 2065 BGB grei­fe indes dann ein, wenn der Wort­laut der letzt­wil­li­gen Ver­fü­gung so un­be­stimmt ist, dass die Aus­le­gung er­geb­nis­los blei­ben muss. Auch im Wege der Aus­le­gung ließ sich hier nicht er­mit­teln, wel­che Kri­te­ri­en nach dem Erb­las­ser­wil­len er­füllt sein müss­ten, damit ein Erbe be­nannt wer­den kann. Es sei un­klar, wel­cher zeit­li­cher Rah­men mit der An­ga­be „bis zu mei­nem Tod“ ge­meint ist. Die Per­son, die die Erb­las­se­rin ab Er­rich­tung des Tes­ta­ments zu pfle­gen hat, könne in die­sen zeit­li­chen Rah­men fal­len. Eben­so denk­bar wäre, dass eine spä­te­re Über­nah­me der Pfle­ge aus­rei­chend sein soll­te. Zudem blei­be un­klar, ob es einer un­un­ter­bro­che­nen Be­treu­ung be­darf, sowie was genau die Erb­las­se­rin unter „pflegt und be­treut“ in­halt­lich ver­stan­den habe. Da nicht fest­stell­bar war, in wel­chem zeit­li­chen Rah­men „Pfle­ge und Be­treu­ung“ zu er­brin­gen waren und was in­halt­lich dar­un­ter zu ver­ste­hen ist, ließ sich schluss­end­lich auch nicht fest­stel­len, auf wel­che Per­son diese Kri­te­ri­en zu­tref­fen.

Um der­ar­ti­ge Aus­le­gungs­schwie­rig­kei­ten und Un­klar­hei­ten zu ver­hin­dern, die hier letzt­lich dazu ge­führt haben, dass vom Ge­richt keine Er­bein­set­zung ge­se­hen wurde, ist es rat­sam, sich bei der Tes­ta­ments­er­stel­lung be­ra­ten zu las­sen. Wir be­ra­ten Sie gern zu sämt­li­chen erbrecht­lich re­le­van­ten Fra­gen und Pro­ble­men. Ver­ein­ba­ren Sie einen Ter­min. Wir sind per E-Mail unter will­kom­men@​gwgl-​hamburg.​de oder te­le­fo­nisch unter 040/300 39 86-0 für Sie da und freu­en uns von Ihnen zu hören oder zu lesen.

Über die Au­to­rin

Kris­tin Wink­ler Fach­an­wäl­tin für Erbrecht und Steu­er­recht, LL.M.

Rechts­an­wäl­tin

  • Fachanwältin für Erbrecht
  • Fachanwältin für Steuerrecht

Tel.: 040 / 300 39 86 - 0

Fax: 040 / 300 39 86 – 66

Back to Top