Ein zum Hoferben bestimmter Rechtsnachfolger kann Alleinerbe werden, wenn der landwirtschaftliche Betrieb die Hofeigenschaft im Sinne der Höfeordnung (HöfeO) verliert (Beschluss OLG Hamm vom 21. März 2018, Az.: 10 W 63/17).
Trotz eines mit dem Erblasser abgeschlossenen Erbvertrages kann ein Begünstigter seine vereinbarte Hoferbenstellung verlieren, wenn die Hofeigenschaft zwischenzeitlich durch endgültige Betriebsaufgabe verloren gegangen ist. Der ursprünglich Begünstigte kann jedoch bei Vorliegen gewisser Umstände dann als gesetzlicher Alleinerbe gelten.
Dem vorgenannten Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Antragssteller ist der Sohn eines verstorbenen Cousins des Erblassers; Antragsgegnerin ist eine von sechs Nichten und Neffen des Erblassers. Die Parteien streiten um die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses an den Antragssteller aufgrund eines zwischen dem Erblasser und dem Antragssteller geschlossenen Erbvertrags.
Der 93-jährige Erblasser war Eigentümer eines Hofes, welcher im Grundbuch als Hof im Sinne der HöfeO verzeichnet war. Der Hof bestand ursprünglich aus einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von ca. 100 ha, auf der der Erblasser vorwiegend Ackerbau betrieb. Im Laufe der letzten vierzig Jahre veräußerte der Erblasser Ackerflächen, so dass zu seinem Betrieb zuletzt nur noch ca. 13 ha Ackerfläche und ca. 7,5 ha Forst gehörten.
Seit dem Jahr 2000 ist die landwirtschaftliche Betriebsfläche an den Antragsteller verpachtet, welcher ausgebildeter Landwirt und Inhaber eines benachbarten Hofes im Sinne der HöfeO ist. Der Betrieb des Erblassers verfügte bei seinem Tode über kein Inventar mehr, sämtliche zum Hof gehörenden Gebäude waren weitgehend anderweitig gewerblich vermietet. Die große Diele seines Wohnhauses hatte der Erblasser zwischenzeitlich zu einem Veranstaltungsraum umgebaut und an ein örtliches Cateringunternehmen verpachtet. Sein Lebensunterhalt bestritt der Erblasser zuletzt größtenteils aus Miet- und Pachteinnahmen. Im Jahr 2005 schloss der Erblasser mit seinen Geschwistern einen notariellen Erbvertrag, mit dem er ihnen das Miteigentum an zwei Baugrundstücken vermachte. Im Jahr 2007 schloss er mit dem Antragsteller einen weiteren Erbvertrag, in dem er den Antragsteller zum Hoferben einsetzte. Die Gegenleistung des Antragstellers bestand aus einer monatliche Rente in Höhe von 850 Euro, die er an den Erblasser unstreitig bis zu dessen Tode zahlte.
Nach dem Tode des Erblassers beantragte der Antragsteller die Ausstellung eines Hoffolgezeugnisses, nach welchem er mit dem im Jahr 2007 abgeschlossenen Erbvertrag zum alleinigen Hoferben berufen worden sei. Erstinstanzlich hat die Antragsgegnerin die Auffassung vertreten, der Antragsteller sei kein Hoferbe geworden, weil der Hof des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes kein Hof im Sinne der HöfeO mehr war. Daher sei der Erblasser im Wege der gesetzlichen Erbfolge von seinen Nichten und Neffen beerbt worden.
Das Landwirtschaftsgericht Paderborn ist dem Antrag des Antragstellers gefolgt und hat die zur Erteilung des begehrten Hoffolgezeugnisses erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Die Hofeigenschaft sei außerhalb des Grundbuchs durch eine endgültige Betriebsaufgabe verloren gegangen. Gegen diese Entscheidung legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein, was zu einer Abänderung der Entscheidung führte.
Das OLG Hamm kam zwar zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller kein Hoffolgezeugnis erteilt werden könne, auch wenn weiterhin ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen sei. Denn bei dem vom Erblasser hinterlassenen landwirtschaftlichen Besitz handele es sich nicht mehr um einen Hof im Sinne der HöfeO, da die landwirtschaftliche Betriebseinheit dauerhaft aufgelöst sei. Der Erblasser habe schon im Jahr 2000 und damit einige Jahre vor Abschluss des Erbvertrages mit dem Antragsteller die Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes endgültig aufgegeben. Der mit dem Antragsteller im Jahr 2007 abgeschlossene Erbvertrag, der von einem fortbestehenden Hof im Sinne der HöfeO ausgehe, lasse die Hofeigenschaft der Besitzung nicht wieder aufleben.
Jedoch folgte das Gericht dem Hilfsantrag des Antragsstellers, wonach ihm ein Erbschein als Alleinerbe nach allgemeinem Erbrecht (und nicht nach der HöfeO) zu erteilen sei.
Dies ergebe sich vorliegend durch Auslegung des notariellen Erbvertrages. Die darin enthaltene Hoferbenbestimmung sei dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller Rechtsnachfolger des Erblassers auch für den Fall werden sollte, dass der landwirtschaftliche Besitz die Hofeigenschaft im Sinne der HöfeO verloren habe. Die Umstände zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages deuteten darauf hin, dass die Erbeinsetzung des Antragstellers auch dann anzunehmen sei, wenn der Erblasser den Wegfall der Hofeigenschaft erkannt und bedacht hätte. Ziel des Erblassers sei es gewesen, seinen Nachlass im Ganzen zu erhalten und nicht durch eine – im Wege der gesetzlichen Erbfolge eintretende – Aufteilung an seine Nichten und Neffen zu zersplitterten. Daher ist dem Antragsteller nach allgemeinem Erbrecht ein Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweist.
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