Entdeckungsrisiko bei verzinslichen Fremdwährungskonten
Spätestens ab dem 1. Januar 2025 müssen inländische Banken auch Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Fremdwährungen auf verzinslichen Anlagekonten im Rahmen der Abgeltungsteuer berücksichtigen und Steuern abführen. Diese Erfassungspflicht resultiert dabei nicht aus einer Gesetzesänderung, sondern basiert vielmehr allein auf der geänderten Rechtsauffassung des Bundesfinanzministeriums (BMF) zu Fremdwährungsgewinnen.
1. Alte herrschende Rechtsauffassung
Lange Zeit erkannte die Finanzverwaltung an, dass sich aus Fremdwährungsanlagen erzielte Gewinne außerhalb der steuerlichen Haltedauer von einem Jahr (der sog. Spekulationsfrist) als „sonstige Einkünfte“ im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerfrei realisieren ließen. Entsprechende Gewinne unterlagen mithin nicht der Abgeltungssteuer, so dass weder ein Steuerabzug durch die inländischen Kreditinstitute noch ein Ausweis in der Jahressteuerbescheinigung erfolgte.
Währungsgewinne oder -verluste wurden somit nach alter Rechtslage nur dann gemäß § 22 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 23 EStG als privates Veräußerungsgeschäft überhaupt ertragssteuerlich erfasst, sofern zwischen Anschaffung und Veräußerung des dem Währungsgewinn oder -verlust zugrundeliegenden Fremdwährungsbetrages weniger als ein Jahr lag.
2. Abkehr hiervon durch die Finanzverwaltung Mitte 2022
Bei verzinslichen Fremdwährungskonten – betroffen sind mithin beispielsweise Tages- und Festgeldanlagen sowie Darlehen in fremder Währung – hält die Finanzverwaltung an dieser Rechtsauffassung seit dem Schreiben des BMF vom 19. Mai 2022 (IV C 1 – S 2252/19/10003:009, Rn. 131) nicht mehr fest. Etwaige realisierte Währungsgewinne werden nach nunmehr geltender Verwaltungsauffassung – unabhängig von der konkreten Haltedauer – vielmehr den Einkünften aus Kapitalvermögen zugeordnet und unterliegen damit stets der Abgeltungssteuer, vgl. § 20 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 4 EStG.
Lediglich unverzinsliche Kapitalforderungen sowie unverzinsliche Fremdwährungsguthaben werden daher weiterhin als ggf. privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG behandelt.
3. Erhöhtes Entdeckungsrisiko durch den Steuerabzug im laufenden Veranlagungszeitraum
Spätestens ab dem 1. Januar 2025 – bis zum 31. Dezember 2024 bestand als Übergangsregelung noch eine Nichtbeanstandungsfrist – unterwerfen inländische Kreditinstitute die Gewinne aus verzinslichen Fremdwährungskonten dem Kapitalertragsteuerabzug, d.h. führen Kapitalertragsteuer an die Finanzverwaltung ab. Für vorherige Veranlagungszeiträume – sowie weiterhin für Fremdwährungskonten bei ausländischen Kreditinstituten – mussten bzw. müssen Steuerpflichtige die Einkünfte hingegen eigenverantwortlich deklarieren!
Durch den Steuerabzug und den Ausweis der Erträge in der Jahressteuerbescheinigung werden die Finanzbehörden folglich spätestens im laufenden Veranlagungszeitraum von verzinslichen Fremdwährungskonten bei inländischen Kreditinstituten erfahren und voraussichtlich auch die Vorjahre auf ähnliche Einkünfte hin überprüfen. Für die Finanzbehörden bieten sich diesbezüglich – neben der Einzelfallprüfung der konkreten Einkommensteuererklärung des jeweiligen Steuerpflichtigen – auch sog. Sammelauskunftsersuchen an inländische Kreditinstitute an. Soweit folglich die Voraussetzungen des § 93 Abs. 1a AO vorliegen, können mit dieser Ermittlungsmethode verzinsliche Fremdwährungskonten flächendeckend ermittelt und umfassend überprüft werden.
Wer die Veranlagung in der Vergangenheit somit unbewusst unterlassen hat, sieht sich spätestens mit Ablauf der Nichtbeanstandungsfrist einem erhöhten Entdeckungsrisiko bei inländischen verzinslichen Fremdwährungskonten ausgesetzt. Zwingend zu beachten ist insoweit, dass gemäß Rn. 324 des BMF-Schreibens v. 19. Mai 2022 die geänderte Rechtsauffassung dabei rückwirkend auf alle offenen Fälle angewendet werden soll. Damit sind der Finanzverwaltung nach auch bereits abgelaufene, bislang nicht bestandskräftige Veranlagungszeiträume seit Einführung der Abgeltungsteuer betroffen!
Anmerkung: Da die neue Auffassung der Finanzverwaltung allerdings nicht auf einer geänderten Gesetzeslage beruht, ist diese verwaltungsseitig intendierte Rückwirkung aus Vertrauensgesichtspunkten durchaus anzuzweifeln. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die geänderte Auffassung der Finanzverwaltung rechtsverschärfend wirkt, da sämtliche Währungsgewinne, ungeachtet der konkreten Haltedauer der zugrundeliegenden Kapitalforderung, in die Besteuerung einzubeziehen sind.
Fazit
Soweit steuerpflichtige Einkünfte aus verzinslichen Fremdwährungskonten bisher nicht deklariert wurden, sollte tunlichst eine Berichtigung im Sinne des § 153 AO bzw. eine Selbstanzeige im Sinne des § 371 AO in Erwägung gezogen werden.
Sollten Sie sich unsicher sein, ob Sie Ihre Einkünfte korrekt versteuert haben oder befürchten, dass gegen Sie ein Strafverfahren eingeleitet werden könnte, stehen Ihnen unsere Fachanwälte für das Steuerrecht und Steuerberater gerne unterstützend zur Seite.