BGH, Beschluss vom 2. Juni 2016 – V ZB 3 / 14
In der Beratungspraxis heißt es regelmäßig, dass der Vorteil eines notariellen Testaments ist, dass die Erben keinen Erbschein brauchen, sondern nach Eröffnung mit dem notariellen Testament nebst Eröffnungsprotokoll sofort agieren können und damit vor allem auch das Grundbuch berichtigen können.
Etwas anderes gilt allerdings, wenn ein notariell beurkundetes Testament eine allgemeine Verwirkungsklausel enthält oder aber die Verhaltensanforderung einer speziellen Verwirkungsklausel nicht eindeutig festgestellt werden kann. Dann ist für den Nachweis der eingetretenen Erbfolge regelmäßig ein Erbschein erforderlich, wie der BGH mit seinem Beschluss vom 2. Juni 2016 – V ZB 3 / 14 festgestellt hat.
In dem Fall ging es darum, dass nach Tod des zweiten Elternteils das Grundbuchamt die drei Kinder auf Basis eines notariellen Testamentes in Erbengemeinschaft als neue Eigentümer der Grundstücke ihrer Eltern eingetragen hat. In dem dieser Erbfolge zugrundeliegenden Testament war zum Schluss eine Klausel aufgenommen, die wie folgt lautete:
„Derjenige, der mit diesen Testamentsbestimmungen nicht einverstanden ist, erhält nur den Pflichtteil unter Anrechnung dessen, was er bereits zu Lebzeiten von uns bekommen hat, wozu auch die Kosten einer Ausbildung, Ausstattung, oder sonstige Zuwendungen gehören.“
Ein Kind hatte nach dem Tod des ersten Elternteils von der überlebenden Mutter den Pflichtteil nach dem Vater gefordert und sich mit der Mutter verglichen. Die beiden weiteren Kinder wendeten sich gegen die Eintragung aller drei Kinder im Grundbuch. Sie waren der Ansicht, dass das weitere Kind durch sein Verhalten nicht Miterbe geworden war.
Eine Entscheidung, wie die Klausel im Testament auszulegen ist, musste der BGH nicht fällen. Der BGH hat allerdings festgestellt, dass das Grundbuchamt die Eintragung nicht ohne Vorlage eines Erbscheins hätte vornehmen dürfen.
Nur wenn sich die Erbfolge nach dem eingetragenen Eigentümer aus einem notariell beurkundeten Testament ergibt und diese unbedingt erfolgt ist, genügt im Sinne von § 35 Absatz 1 S. 2 HS 1 GBO das notarielle Testament nebst Eröffnungsprotokoll als Grundlage für die Eintragung. Bei einer bedingten Erbeinsetzung reicht bereits der Nachweis durch das notarielle Testament nicht mehr. Das gilt auch bei Testamenten, die sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln enthalten. Auch hier muss das Grundbuchamt entweder die Vorlage eines Erbscheins verlangen oder zumindest die Erklärung der Erben in der Form des § 29 GBO, dass der Pflichtteil nicht von ihnen geltend gemacht wurde.
In diesem hier entschiedenen Fall ist es keine Pflichtteilsstrafklausel gewesen, sondern eine Verwirkungsklausel, die die Erbeinsetzung unter die auflösende Bedingung eines bestimmten Verhaltens gestellt hat. Was genau gemeint ist, bedarf der Testamentsauslegung. Hierfür muss der Erblasserwillen ermittelt werden, was aber im Grundbucheintragungsverfahren regelmäßig nicht möglich sein wird, da dem Grundbuchamt Erklärungen nur durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden können und das Grundbuchamt sonst nur noch offenkundige Umstände berücksichtigen darf, nicht aber andere Umstände, die nach dem materiellen Recht bei der Ermittlung des Erblasserwillens zu berücksichtigen sind. Insofern muss das Grundbuchamt nach § 35 Absatz 1 Satz 1 GBO einen Erbschein verlangen.
Nicht jedes notariell beurkundete Testament erspart einem also die Kosten für einen Erbschein.
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