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Zet­tel­wirt­schaft: Ein gül­ti­ges ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment kann auch in zwei Ein­zel­tes­ta­men­ten ge­se­hen wer­den, auch wenn und in die­sem Fall ge­ra­de weil diese zu­nächst auf einem Pa­pier ge­schrie­ben waren und (ir­gend­wann) aus­ein­an­der­ge­schnit­ten wur­den.

Ein gül­ti­ges ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment kann auch in zwei Ein­zel­tes­ta­men­ten ge­se­hen wer­den

Teasergrafik zum Beitrag im Blog für Erbrecht, Steuerrecht und Gesellschaftsrecht

Zet­tel­wirt­schaft: Ein gül­ti­ges ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment kann auch in zwei Ein­zel­tes­ta­men­ten ge­se­hen wer­den, auch wenn und in die­sem Fall ge­ra­de weil diese zu­nächst auf einem Pa­pier ge­schrie­ben waren und (ir­gend­wann) aus­ein­an­der­ge­schnit­ten wur­den.

Das OLG Schles­wig ent­schied mit Be­schluss vom 28. Mai 2018 (Az. 3 Wx 70/17), dass eine zu­nächst als ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment ver­fass­te Ver­fü­gung von Todes wegen trotz Zer­schnei­dens wei­ter­hin gül­tig ist und nicht wi­der­ru­fen wurde.

Auch zwei ge­trenn­te, äu­ßer­lich nicht mit­ein­an­der ver­bun­de­ne Ein­zel­tes­ta­men­te kön­nen eine ein­zi­ge Ur­kun­de im Rechts­sin­ne dar­stel­len und daher ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment bil­den, wenn ihr in­ne­rer Bezug auf an­de­re Weise ein­deu­tig ist.

Die­ser Ent­schei­dung lag fol­gen­der Sach­ver­halt zu Grun­de:
Be­tei­lig­te des Ver­fah­rens sind die Ehe­frau des Erb­las­sers sowie des­sen En­ke­lin. Beide gehen davon aus, Al­lein­er­bin ge­wor­den zu sein. Grund hier­für waren zwei ver­schie­de­ne Tes­ta­men­te.

Die Ehe­leu­te schrie­ben 1986 auf einen ein­zi­gen Brief­bo­gen im DIN-A-4-For­mat je ein na­he­zu gleich­lau­ten­des Ein­zel­tes­ta­ment räum­lich un­ter­ein­an­der und setz­ten sich in die­sen Tes­ta­men­ten je­weils zum Al­lein­er­ben ein. Spä­ter (der Zeit­punkt ist nicht mehr fest­stell­bar) wurde die­ser Brief­bo­gen zer­schnit­ten, so dass zwei ca. DIN A 5 große Blät­ter ent­stan­den. Da­durch blie­ben beide Ver­fü­gun­gen als Ein­zel­tes­ta­men­te be­ste­hen.

Im Jahr 2013 ver­füg­te der Erb­las­ser, dass seine En­ke­lin seine Al­lein­er­bin sein soll­te und ent­erb­te somit seine Ehe­frau.

Nach dem Tod des Erb­las­sers haben beide Be­tei­lig­te wi­der­strei­ten­de Erb­scheins­an­trä­ge ge­stellt. Die Ehe­frau be­an­trag­te die Er­tei­lung eines Erb­scheins, der sie als Al­lein­er­bin aus­weist. Sie ar­gu­men­tier­te, dass das ur­sprüng­li­che Tes­ta­ment aus dem Jahr 1986 ein wech­sel­sei­ti­ges Tes­ta­ment ge­we­sen sei, das von ihrem Ehe­mann ein­sei­tig nicht ge­än­dert wer­den konn­te.

Die En­ke­lin trat dem ent­ge­gen und be­haup­te­te, sie sei Al­lein­er­bin ge­wor­den. Das Datum des ur­sprüng­li­chen Tes­ta­ments­teils der Ehe­frau sei rück­da­tiert wor­den, um den An­schein eines ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­ments zu schaf­fen. Au­ßer­dem sei durch das Zer­schnei­den des Blat­tes, auf dem die Tes­ta­men­te ge­schrie­ben seien, die Ge­mein­schaft­lich­keit auf­ge­ho­ben wor­den. Zudem habe der Erb­las­ser nichts mehr von der Exis­tenz die­ser ur­sprüng­li­chen Tes­ta­men­te ge­wusst, weil sie auf dem Dach­bo­den des Hau­ses ver­steckt wor­den seien, zu dem er auf­grund sei­ner Geh­be­hin­de­rung kei­nen Zu­gang ge­habt hätte.

Das Nach­lass­ge­richt hat dem An­trag der Ehe­frau statt­ge­ge­ben. Hier­ge­gen rich­te­te sich die Be­schwer­de der En­ke­lin.

Doch auch das OLG Schles­wig kam zu dem Er­geb­nis, dass der Ehe­frau ein Erb­schein als Al­lein­er­bin nach dem Erb­las­ser zu er­tei­len ist. Maß­geb­lich für die Erb­fol­ge sei das Tes­ta­ment aus dem Jahr 1986, wel­ches wirk­sam er­rich­tet und durch die spä­te­re letzt­wil­li­ge Ver­fü­gung des Erb­las­sers nicht ab­ge­än­dert bzw. auf­ge­ho­ben wurde.

Das Tes­ta­ment aus dem Jahr 1986 sei für den Erb­las­ser als Teil eines ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­ments mit sei­ner Ehe­frau bin­dend ge­we­sen. Diese hatte ihn ih­rer­seits mit Tes­ta­ment vom glei­chen Tage zu ihrem Al­lein­er­ben be­stimmt. Die letzt­wil­li­gen Ver­fü­gun­gen der Ehe­gat­ten seien wech­sel­be­züg­lich und damit nach dem Tode des Erb­las­sers für den Längst­le­ben­den bin­dend ge­wor­den.

Der Senat ging davon aus, dass die bei­den Ein­zel­tes­ta­men­te zeit­gleich er­rich­tet wur­den. Eine Rück­da­tie­rung des Tes­ta­ments der Ehe­frau schloss das Ge­richt auf­grund des heu­ti­gen, al­ters­be­ding­ten Schrift­bil­des der Ehe­frau aus. Diese Tat­sa­che und dass beide Ein­zel­tes­ta­men­te na­he­zu wort­gleich sind, seien ein Indiz für den da­ma­li­gen Wil­len der Ehe­gat­ten, ge­mein­sam tes­tie­ren zu wol­len.

Von ent­schei­den­der Be­deu­tung war für den Senat aber vor­lie­gend, dass – ent­ge­gen des ers­ten An­scheins – beide Tes­ta­men­te Teil einer ein­heit­li­chen Ur­kun­de seien. Grund­sätz­lich rei­che es nicht aus, „wenn in zwei ge­trenn­ten Ur­kun­den ent­hal­te­ne Tes­ta­men­te am sel­ben Tag und Ort er­rich­tet wor­den sind und sich nach In­halt und Fas­sung im We­sent­li­chen glei­chen.“. Die ge­woll­te Ge­mein­schaft­lich­keit müsse noch in ir­gend­ei­ner Form – etwa den Wor­ten „wir“ oder „ge­mein­sam“ aus­ge­drückt wer­den. Sind sol­che An­halts­punk­te nicht vor­han­den, be­stün­de die Mög­lich­keit, dass die Ehe­gat­ten die Er­rich­tung ihrer Tes­ta­men­te zwar mit­ein­an­der ab­ge­stimmt haben. Dies be­deu­te aber nicht au­to­ma­tisch, dass sie sie als ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment haben er­rich­ten wol­len.

Etwas an­de­res könne dann gel­ten, „wenn sich die Ge­mein­schaft­lich­keit aus dem ur­kund­li­chen Zu­sam­men­hang er­gibt. Set­zen sich Ehe­gat­ten in zwar räum­lich von­ein­an­der ge­trenn­ten, aber auf dem­sel­ben Pa­pier­bo­gen nie­der­ge­leg­ten letzt­wil­li­gen Ver­fü­gun­gen ge­gen­sei­tig zu Erben ein, so wird aus der räum­li­chen Zu­sam­men­fas­sung und der gleich­zei­ti­gen Er­rich­tung der Ver­fü­gun­gen hin­rei­chend deut­lich, dass sie ge­mein­sam tes­tie­ren wol­len.“.

So war es im vor­lie­gen­den Fall. Die Ein­zel­tes­ta­men­te be­fin­den sich je auf einem Blatt im For­mat, von denen das eine unten und das an­de­re oben einen wel­len­för­mi­gen oder ge­zack­ten Rand auf­weist. Beide Rän­der pas­sen zu­ein­an­der. Der Senat ging daher davon aus, dass die Blät­ter ur­sprüng­lich die Hälf­ten eines ein­zi­gen DIN A4-Blat­tes ge­we­sen sein muss­ten. Nicht re­le­vant sei hin­ge­gen der Zeit­punkt des Zer­schnei­dens.

Somit lag hier also trotz Zer­schnei­den des Tes­ta­ments wei­ter­hin ein ge­mein­sa­mes Tes­ta­ment mit wech­sel­sei­ti­ger Er­bein­set­zung (so­ge­nann­tes Ber­li­ner Tes­ta­ment) vor.

Die­ses sei auch nicht durch Wi­der­ruf auf­ge­ho­ben wor­den. Das (sorg­fäl­ti­ge) Zer­schnei­den stel­le vor­lie­gend keine Wi­der­rufs­hand­lung dar. Ein Wi­der­rufs­wil­le des Erb­las­sers sei vor­lie­gend nicht er­kenn­bar, weil die bei­den Ein­zel­tei­le des Tes­ta­ments nicht ver­nich­tet, son­dern (zu­sam­men) auf­be­wahrt wur­den.

Es sei auch nicht re­le­vant, ob der Erb­las­ser das ge­mein­schaft­li­che Tes­ta­ment irr­tüm­lich für auf­ge­ho­ben ge­hal­ten oder ob er es ver­ges­sen habe. In bei­den Fäl­len wäre es un­ver­än­dert gül­tig.

So wurde die Ehe­frau also nun doch Al­lein­er­bin ihres Ehe­man­nes, ob­wohl die­ser das au­gen­schein­lich nicht mehr woll­te.

Die­ser Fall zeigt ein­mal mehr, wie wich­tig es ist, sich bei der Tes­ta­ments­er­rich­tung ju­ris­tisch be­ra­ten zu las­sen. Dies gilt auch und be­son­ders bei der Er­rich­tung eines ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­ments, wel­ches unter Be­ach­tung der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten durch­aus wi­der­ru­fen wer­den kann.

Möch­ten Sie ein Ein­zel­tes­ta­ment oder ein ge­mein­schaft­li­ches Tes­ta­ment er­stel­len? Spre­chen Sie uns an, wir er­ar­bei­ten mit Ihnen eine in­di­vi­du­el­le letzt­wil­li­ge Ver­fü­gung von Todes wegen, die Ihren Wün­schen und Vor­stel­lun­gen ent­spricht.

Über die Au­to­rin

Kris­tin Wink­ler Fach­an­wäl­tin für Erbrecht und Steu­er­recht, LL.M.

Rechts­an­wäl­tin

  • Fachanwältin für Erbrecht
  • Fachanwältin für Steuerrecht

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