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Grundsätzlich ist es möglich, ein Testament auf einem Notizzettel wirksam zu verfassen. Aber Vorsicht: Die Formvorschriften, die für Testamente allgemein gelten, müssen eingehalten werden.

Grundsätzlich ist es möglich, Testament auf Notizzettel wirksam zu verfassen.

Teasergrafik zum Beitrag im Blog für Erbrecht, Steuerrecht und Gesellschaftsrecht

Grundsätzlich ist es möglich, ein Testament auf einem Notizzettel wirksam zu verfassen. Aber Vorsicht: Die Formvorschriften, die für Testamente allgemein gelten, müssen eingehalten werden.

Das OLG Braunschweig entschied mit Beschluss vom 20. März 2019 (Az.: 1 W 42/17), dass ein auf einem Notizzettel verfasstes, handschriftliches Testament unwirksam ist. Diese Entscheidung beruht auf folgendem Sachverhalt:

Die Erblasserin errichtete im Jahr 2001 gemeinsam mit ihrem Ehemann ein gemeinschaftliches Testament, worin sich die beiden gegenseitig zu Alleinerben des Erstversterbenden einsetzten; eine Schlusserbenstellung enthielt dieses sogenannte Ehegattentestament nicht.

Im Jahr 2014 erteilte die Erblasserin der Antragstellerin eine notarielle Vorsorgevollmacht. Im gleichen Jahr erstellte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin für die Erblasserin einen Testamentsentwurf, der die Antragstellerin als Alleinerbin ausweisen sollte. Bevor dieser jedoch beurkundet wurde, verstarb die Erblasserin.

Die Erblasserin schrieb darüber hinaus auf einem nur wenige Zentimeter großen Notizzettel folgendes:

„Wenn sich für mich (Vor- und Nachname), geboren (Geburtsdatum) einer findet, der für mich aufpasst und mich nicht ins Heim steckt, der bekommt mein Haus und alles, was ich habe.“

Der Zettel war unterschrieben mit dem Vor- und Nachnamen der Erblasserin. Eine Orts- und/oder Datumsangabe enthielt der Zettel nicht.

Da sich die Antragstellerin zu Lebzeiten um die Erblasserin kümmerte, beantragte sie nach deren Tod einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Der Antrag wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass weder der Testamentsentwurf, noch der Notizzettel ein formgültiges Testament darstelle. Dies sah auch das OLG Braunschweig so, welches die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen hat.

Da der Testamentsentwurf weder von der Erblasserin noch vom Notar unterschrieben wurde, stellten sie kein ordentliches Testament dar.

Gleiches gilt im Ergebnis für den Notizzettel – und dies gleich aus mehreren Gründen.

a) Zum einen fehlt auf dem Notizzettel eine Datumsangabe. Dies war vorliegend jedoch relevant, da die Erblasserin bereits im Jahr 2001 ein gemeinschaftliches Testament mit ihrem Ehemann erstellt hatte. Es war für die Richter nicht sicher feststellbar, welches der beiden Testamente (ob nun das gemeinschaftliche Testament oder der Notizzettel) zuerst errichtet wurde.
Bei Existenz eines anderen Testaments sei der Zeitpunkt der Erstellung von erheblicher Bedeutung, da mit dem zeitlich später verfassten Testament die vorherigen testamentarischen Ausfertigungen widerrufen werden. Enthält ein eigenhändig errichtetes Testament keine Angaben über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweitig treffen lassen. Dies war vorliegend jedoch nicht möglich.

b) Zum anderen bleiben Zweifel, ob die Erblasserin tatsächlich mit Testierwillen gehandelt hat. Der Erblasser muss den Willen gehabt haben, ernstlich ein rechtsverbindliches Testament zu errichten. Bestehen Zweifel, darf § 2084 BGB – wonach im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen ist, bei der die Verfügung Erfolg haben kann – nicht herangezogen werden. Da die Erblasserin vorliegend bereits ein formgültiges Ehegattentestament errichtet hatte, konnte unterstellt werden, dass sie die Formerfordernisse für die Erstellung eines wirksamen Testaments (in diesem Fall handschriftlich, mit Unterschrift, gegebenenfalls Ort- und Datumsangabe) kannte.

Zudem war auch die Formulierung unglücklich gewählt: Dass derjenige, der „für mich aufpasst und mich nicht ins Heim steckt“ das Haus der Erblasserin „bekommen“ soll, könne auch so verstanden werden, dass die Erblasserin eine Übertragung ihres Hauses schon zu Lebzeiten in Aussicht stellt. Das Wort „erben“ oder ein Hinweis darauf, dass das „Bekommen“ erst nach dem Tod der Erblasserin stattfinden soll, war in dem Text nicht enthalten.

Auch die Tatsache, dass die Erblasserin einen Notar mit dem Entwurf ihres Testaments beauftragt hatte, deutete darauf hin, dass der Notizzettel kein Testament sein sollte. Es hätte sich auch um einen Entwurf in Form einer „Gedankenstütze“ handeln können.

c) Zu guter Letzt wäre eine etwaige in dem Testament liegende letztwillige Verfügung auch wegen Unbestimmtheit nichtig. Die Person des Bedachten muss zwar nicht namentlich genannt werden. Sie muss aber zuverlässig festgestellt werden können, so dass eine Willkür Dritter ausgeschlossen ist. Dies ergibt sich aus § 2065 Abs. 2 BGB, wonach der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, (…) nicht einem anderen überlassen kann. Vorliegend blieb unklar, was die Erblasserin mit dem Begriff „aufpassen“ meinte. Hierunter kann z.B. „kümmern“, „helfen“, „beaufsichtigen“ o.ä. verstanden werden. Ob sich die Erblasserin nun vorstellte, dass jemand ab und an nach ihr schauen oder aber, ob sie dauerhaft zu Hause gepflegt werden sollte, ist nicht aufklärbar. Auch ist der Zeitraum, in dem das „Aufpassen“ erfolgen sollte, unklar.

Die Formulierung dieses Notizzettels hätte nach alldem dazu geführt, dass das Nachlassgericht vorliegend die Bestimmung der Erben anhand eigener Kriterien hätte vornehmen müssen. Dies ist dem Nachlassgericht jedoch untersagt. Die Folge war vorliegend, dass die Erblasserin von ihren gesetzlichen Erben beerbt wurde und nicht von der Antragstellerin.

Auch dieser Fall zeigt wieder einmal, dass im Nachhinein erhebliche Streitigkeiten entstehen können, wenn in einem Testament unklare, laienhafte Formulierungen verwendet werden.

Dies kann vermieden werden, wenn Sie Ihr Testament mithilfe eines Anwalts erstellen, der mit Ihnen Ihre Wünsche bespricht und Ihre Vorstellungen bei der Formulierung berücksichtigt.

Wenn Sie sich hierbei Unterstützung wünschen, sprechen Sie uns gern an!

Über die Autorin

Kristin Winkler Fachanwältin für Erbrecht und Steuerrecht, LL.M.

Rechtsanwältin

  • Fachanwältin für Erbrecht
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