Verjährung im Steuerstrafrecht
Die strafrechtliche Verjährung (sog. Verfolgungsverjährung) ist zunächst von der steuerrechtlichen Verjährung (sog. Festsetzungsverjährung) abzugrenzen, wobei die Unterscheidung für Steuerpflichtige nicht immer offensichtlich und auch in den Medien häufig nur pauschal von Verjährungsfristen die Rede ist. In diesem Artikel möchten wir Ihnen daher einen Überblick über die Verjährungsthematik mit Fokus auf den Straftatbestand der Steuerhinterziehung geben, um die rechtlichen Rahmenbedingungen besser zu verstehen.
Zur Differenzierung Verfolgungsverjährung / Festsetzungsverjährung:
Die Verfolgungsverjährung betrifft die Frage, ob eine Steuerhinterziehung überhaupt noch strafrechtlich verfolgt werden kann.
Bei der Festsetzungsverjährung geht es hingegen um die Frage, ob das Finanzamt für bestimmte Besteuerungszeiträume noch steuerliche Nachforderungen stellen kann oder steuerliche (Änderung-)Bescheide noch erlassen werden dürfen.
Zu den unterschiedlichen Fristen:
Die strafrechtlichen Verjährungsfristen sind in den §§ 78 f. Strafgesetzbuch (StGB) und §§ 376 f. Abgabenordnung (AO) geregelt. Sie richten sich dabei nach der Schwere des jeweiligen Delikts, d.h. betragen bei einfacher Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) fünf Jahre und in besonders schwere Fällen der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 AO) bis zu 15 Jahre.
Die steuerrechtlichen Festsetzungsfristen sind in den §§ 169 f. AO geregelt. Soweit eine Steuer nach § 370 AO hinterzogen wurde, beträgt die Festsetzungsfrist für die Steuer zehn Jahre, wobei sie jedoch nicht endet, bevor auch die Verfolgung der Steuerstraftat verjährt ist (vgl. § 171 Abs. 7 AO). Die Festsetzungsfrist wird somit für Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung auch auf 15 Jahre verlängert.
Zum Beginn der strafrechtlichen Verjährungsfrist:
Die Verjährungsfrist beginnt mit der Beendigung der Tat, d.h. dem Zeitpunkt, in dem die Steuerverkürzung eingetreten ist oder eine ungerechtfertigter Steuervorteil erlangt wurde und das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss gefunden hat.
Bei Veranlagungssteuern (insbes. Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer) ist dies regelmäßig der Zeitpunkt, zu dem aufgrund unvollständiger oder unrichtiger Angaben die Steuer zu niedrig festgesetzt und dies durch den ergangenen Steuerbescheid dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben worden ist. Nur sofern der Steuerpflichtige überhaupt keine Angaben gemacht hat, ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der unterlassene Täter hypothetisch spätestens veranlagt worden wäre. Dafür wird auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem das Finanzamt die Veranlagungsarbeiten (i. d. R. 95%) für die betreffende Steuerart und den betreffenden Zeitraum im Wesentlichen abgeschlossen hat (bei einfach gelagerten Fällen in der Regel längstens ein Jahr).
Zum Ruhen und Unterbrechung der strafrechtlichen Verjährung:
Das Ruhen der Verfolgungsverjährung nach § 78b StGB bedeutet, dass der Beginn der Verjährungsfrist entweder hinausgeschoben oder der Weiterlauf einer bereits begonnen Frist gehemmt wird.
Die Verfolgungsverjährung kann darüber hinaus durch bestimmte Maßnahmen – wie etwa die erste Vernehmung des Beschuldigten oder die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens – gem. § 78c Abs. 1 StGB auch unterbrochen werden, wobei nach jeder Unterbrechung die Verjährung von neuem beginnt.
Die absolute Verjährungsfrist (mithin der spätmöglichste Zeitpunkt der Verfolgungsverjährung) beträgt insoweit nach § 78c Abs. 3 S. 2 StGB das doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist. Durch Einfügung des § 376 Abs. 3 AO im Zuge des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetztes vom 29. Juni 2020 wurde diese absolute Verjährungsfrist für Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung sogar auf das Zweieinhalbfache und damit auf 37,5 Jahre erhöht.
Fazit
Für Steuerpflichtige ist es essenziell, die Verjährungsfristen zu kennen, um ihre rechtliche Position besser einschätzen zu können.
Gerade die korrekte Berechnung der Verfolgungsverjährung ist für die Vollständigkeit einer Selbstanzeige im Sinne des § 371 AO bei Steuerhinterziehung nach § 370 AO elementar, da nur so – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – die strafbefreiende Wirkung gewährleistet ist. Vollständigkeit setzt insoweit voraus, dass eine Berichtigung für sämtliche strafrechtlich noch nicht verjährten Jahre zu erfolgen hat.
Die Festsetzungsverjährung hingegen bestimmt das Nachzahlungsrisiko für den Steuerpflichtigen, da je weiter das Finanzamt in die Vergangenheit durch geänderte Steuerbescheide zurückgreifen kann, desto höher die nachzuzahlende Steuer (zzgl. Hinterziehungsszinsen in Höhe von 6 % pro Jahr gem. § 238 Abs. 1 AO) ausfällt.
Sollten Sie sich unsicher sein, ob Sie Ihre Einkünfte korrekt versteuert haben oder befürchten, dass gegen Sie ein Strafverfahren eingeleitet werden könnte, stehen Ihnen unsere Fachanwälte für das Steuerrecht und Steuerberater gerne unterstützend zur Seite.